Im späten 19. Jahrhundert begannen Produktionsstätten, die Elektrifizierung einzuführen, um Kosteneinsparungen zu erzielen. Jetzt, mehr als zwei Jahrhunderte später, erlebt die Elektrifizierung in der Industrie eine Renaissance: Von Schiffsterminals (Link ist nicht auf ibm.com) in New Jersey bis hin zur Stahlproduktion (Link ist nicht auf ibm.com) in Neuseeland richten Industriebetriebe immer mehr ihr Augenmerk auf die Elektrifizierung.
Bei der heutigen Elektrifizierung geht es jedoch nicht nur darum, Geld zu sparen, sondern auch den Planeten zu retten.
Elektrifizierung ist die Umwandlung eines Geräts, Systems oder Prozesses, das von nicht-elektrischen Energiequellen abhängig ist, in ein elektrisch betriebenes Gerät, System oder Prozess. Im Hinblick auf Nachhaltigkeitsinitiativen nutzen Elektrifizierungstechnologien erneuerbaren Strom, d. h. Strom, der aus Sonnenenergie, Windenergie und anderen sauberen, erneuerbaren Quellen stammt.
Somit ist die Elektrifizierung der entscheidende Faktor für die Unterstützung des globalen Umstiegs auf erneuerbaren Energien geworden – einem zentralen Aspekt der Bewegung zur Dekarbonisierung der Wirtschaft, zum Erreichen von Netto-Null-Emissionen und zur Eindämmung des Klimawandels. Laut dem IBM Institute for Business Value, „sind aggressive Maßnahmen zur Dekarbonisierung erforderlich“, wobei sich insbesondere die Elektrifizierung in allen Branchen als „entscheidende Voraussetzung“ herauskristallisiert.
Der Industriesektor ist energieintensiv und macht 37% des weltweiten Energieverbrauchs aus. Ihr Energieverbrauch geht mit einem beträchtlichen und wachsenden Kohlenstoff-Fußabdruck einher: Die industriellen Emissionen sind in den letzten zwei Jahrzehnten um 70 % gestiegen (Link ist nicht auf ibm.com), wobei die Industrieunternehmen etwa ein Viertel der weltweiten Kohlenstoffemissionen verursachen.
Industrieemissionen hängen sowohl vom Energieverbrauch als auch von der Art der eingesetzten Energie ab. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wird der industrielle Energieverbrauch immer noch von fossilen Brennstoffen „dominiert“. Kohle ist seit langem der am häufigsten verwendete Brennstoff bei Unternehmen in dieser Branche. 2022 lag der Gesamtanteil fossiler Brennstoffe (Link ist nicht auf ibm.com) (einschließlich Erdgas und Öl) am Energiemix des Industriesektors bei 67 %. Um die Emissionen zu verringern, ist eine Umstellung auf sauberere, erneuerbare Energien für industrielle Zwecke erforderlich.
Die Elektrifizierung beginnt.
Für eine erfolgreiche und nachhaltige Elektrifizierung ist es erforderlich, die mit fossilen Brennstoffen betriebenen Produktionsmittel durch elektrische Technologien und elektrische Geräte zu ersetzen. Einige Beispiele:
Elektrifizierung der Prozesswärme: Bei der Herstellung von Materialien wie Stahl und Zement bis hin zu Konsumgütern wie Haushaltsgeräten und Kosmetika ist die industrielle Prozesswärme ein wesentlicher Bestandteil. Diese Wärme macht einen erheblichen Teil des Energieverbrauchs vor Ort aus, da ein Großteil davon bei hohen Temperaturen– 400 °C (752 °F) (Link ist nicht auf ibm.com) oder mehr stattfindet. Da dieser Energiebedarf in der Regel durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe gedeckt wird, trägt die Prozesswärme 30 % (Link ist nicht auf ibm.com) zu den Treibhausgasemissionen (THG) der Produktionsanlagen bei. Die Elektrifizierung bietet eine umweltfreundliche Alternative. Durch den Einsatz elektromagnetischer Heiztechnologien, elektrischer Heizkessel, elektrischer Öfen und industrieller Wärmepumpen kann die Industrie einen erheblichen Rückgang der Treibhausgasemissionen erreichen. In Neuseeland zum Beispiel wird die Umstellung eines Stahlwerks (Link ist nicht auf ibm.com) auf einen Elektrolichtbogenofen Prognosen zufolge die Emissionen um mindestens 45 % reduzieren.
Elektromotoren: Gasturbinen und Dampfturbinen (die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden) sind Antrieb für verschiedene Arten von rotierenden Maschinen, wie z. B. Ventilatoren und Kompressoren. Wenn solche Turbinen durch mit sauberer Energie betriebene Elektromotoren ersetzt werden, können die Emissionen an verschiedenen Industriestandorten, wie z. B. Verdichtungsstationen für Erdgaspipelines, reduziert werden. (Erdgas wird oft als „Übergangskraftstoff“ zur Ergänzung der erneuerbaren Energiequellen betrachtet). Kompressionsstationen haben traditionell Industriegasturbinen verwendet, aber das ändert sich jetzt. Zum Beispiel sind seit 2023 mehr als 300 Kompressionsstationen (Link ist nicht auf ibm.com) in Europa auf Elektromotoren angewiesen.
Elektrofahrzeuge: Treibhausgasemissionen entstehen auch durch die starke Nutzung von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Fahrzeugen auf der Straße und im Gelände, von den Lastwagen, die Materialien und Waren innerhalb der Lieferketten transportieren, bis hin zu den Gabelstaplern in Produktionsstätten und Häfen. Der Umstieg auf Elektrofahrzeuge ist eine weitere Möglichkeit, die Emissionen auch hier deutlich zu reduzieren. An einem Schiffsterminal in Elizabeth, New Jersey, schätzen die Hafenbetreiber beispielsweise, dass eine neue Initiative zum Einsatz von elektrischen Terminaltraktoren (Link ist nicht auf ibm.com) die jährlichen Treibhausgasemissionen von 1.100 Tonnen pro Traktor verhindern wird.
Der Einsatz von elektrischen Heiz- und Kühlsystemen, wie z. B. Wärmepumpen, ist ebenfalls ein Weg zur Dekarbonisierung von Industrieanlagen. Allerdings gibt es zu diesen Initiativen weniger Forschung (Link ist nicht auf ibm.com) als zur Elektrifizierung von Heiz- und Kühlsystemen in Wohngebäuden.
Obwohl die potenzielle Verringerung der Treibhausgasemissionen eine der wichtigsten treibenden Kräfte für die weltweite Elektrifizierung ist, haben die Verantwortlichen in der Wirtschaft eher einen anderen Beweggrund im Auge: ihre Gewinne.
Tatsächlich kann die Elektrifizierung langfristige Kosteneinsparungen für Industrieunternehmen bedeuten. Elektrische Geräte haben in der Regel geringere Wartungskosten und bieten eine höhere Energieeffizienz. In den letzten Jahren waren die Strompreise und die Preise für Strom aus erneuerbaren Energien im Vergleich zu den Kosten für fossile Brennstoffe, einschließlich der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen, ebenfalls günstig.
Außerdem kann sich die Elektrifizierung positiv auf die Gesundheit der Mitarbeiter auswirken. Das liegt daran, dass Elektrofahrzeuge und -geräte keine schädlichen Luftschadstoffe ausstoßen. Der Austausch von Maschinen und Fahrzeugen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, durch Elektrofahrzeuge könnte die Luftqualität in Innenräumen und im Freien verbessern und so die Wahrscheinlichkeit verringern, dass die Mitarbeiter gesundheitlich beeinträchtigt werden.
Die Elektrifizierung kann Unternehmen auch dabei helfen, ihre ESG-Ziele zu erreichen und die Zustimmung von Stakeholdern wie Investoren und Kunden zu gewinnen. Das ist ein Grund, weshalb Elektrifizierungsinitiativen regelmäßig in den Nachhaltigkeitsberichten der Unternehmen erscheinen.
Auch wenn die Elektrifizierung ihre Vorteile hat, gibt es dennoch gewisse Hindernisse bei ihrer Einführung. Hierzu zählen unter anderem hohe Vorlaufkosten. Während durch die Elektrifizierung langfristig Geld gespart wird, kann der Ersatz von Systemen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, durch elektrische Systeme teuer, sogar kostspielig sein. Durch staatliche Förderungen wird die industrielle Elektrifizierung finanziell attraktiver. Von Kalifornien (Link ist nicht auf ibm.com) über Finnland (Link ist nicht auf ibm.com) bis hin zu Neuseeland (Link ist nicht auf ibm.com) hat die Politik Elektrifizierungsinvestitionen für energieintensive Industrien begünstigt. Zu den größten Initiativen gehören der europäische REPowerEU-Plan (Link ist nicht auf ibm.com) und das Förderprogramm für die industrielle Dekarbonisierung des US-Energieministeriums (Link ist nicht auf ibm.com).
Die Belastbarkeit und Kapazität der heutigen Energiesysteme ist eine weitere große Herausforderung. Da die Industrie immer mehr Geräte und Fahrzeuge elektrifiziert, kann der daraus resultierende Anstieg der Stromnachfrage die Stromnetze möglicherweise überlasten. Verschiedene Regierungsprogramme auf der ganzen Welt zielen darauf ab, Netzbetreibern dabei zu helfen, ihre Infrastruktur zu modernisieren und ihre Kapazitäten zu erweitern. Einer Analyse der IEA (Link ist nicht auf ibm.com) zufolge bedarf es jedoch weiterer politischer Maßnahmen.
Obwohl Verbesserungen der physischen Infrastruktur der Schlüssel zur Stärkung der Stromnetze im Zuge der zunehmenden Elektrifizierung sind, können auch Softwarelösungen eine entscheidende Rolle spielen. Die IBM® Environmental Intelligence Suite zum Beispiel ermöglicht es der Industrie und den Energieversorgern, störende Umweltbedingungen frühzeitig zu erkennen und sich darauf vorzubereiten, u. a. durch Vorhersage von Stromausfällen und erneuerbarer Energieerzeugung.
Informationen zur IBM Environmental Intelligence Suite und zu Nachhaltigkeitstrends finden Sie weiter unten.