Innovation

Chance und Härtetest für den Smarten Versicherer

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Survive COVID-19

„Wenn uns die Pandemie eines gelehrt hat, dann die entscheidende Bedeutung von technologischen Lösungen, welche Schnelligkeit, Flexibilität, Einsicht und Innovation ermöglichen”

Arvind Krishna, IBM CEO [1]

2020 und damit die „Covid-19 Zeit“ bietet fraglos massive politische, gesellschaftliche, technologische und menschliche Herausforderungen. Aus rein unternehmerischer und innovations-analytischer Sicht betrachtet, ist sie allerdings auch eine selten dagewesene Chance die Digitalisierung voranzubringen und sich damit auf eine Zeit nach COVID vorzubereiten. Viele Führungskräfte müssen sich bereits jetzt Fragen zu Post-COVID stellen, wie Welche Projekte sollten priorisiert werden? Wie sieht das Arbeitsumfeld nach COVID aus? Was ist die Erwartungshaltung der Kunden? Ist „back to normal“ und somit zurück zur „alten Normalität“ überall noch anstrebenswertes Ziel oder eher vielleicht sogar ein Rückschritt?

Um die strukturellen Auswirkungen dieser Zeit auf Digitalisierung und organisatorische Kompetenzen besser zu verstehen, hat das IBM Institute for Business Value in Zusammenarbeit mit Oxford Economics 3.450 Führungskräfte (C-Suite) in 22 Branchen und 20 Ländern von April bis Juni 2020 befragt [2]. Dabei haben sich fünf Kernaspekte für die Unternehmenslandschaft nach COVID herauskristallisiert, die neue Perspektiven für digitale Transformation, Zukunft der Arbeit, Transparenz und Nachhaltigkeit bieten. Im Zusammenspiel stellen diese fünf Aspekte einen Leitfaden für Führungskräfte in ihrer Vorbereitung auf eine neue Arbeitswelt nach COVID dar.

Bei der digitalen Transformation ging es nie nur um die Technologie, sondern um Vertrauen und Agilität

Anpassungsfähigkeit und schnellerer Wandel sind in Zeiten der Pandemie zur Normalität geworden. COVID hat bei 95% der von uns befragten Versicherer den digitalen Wandel beschleunigt, und 90% der Digitalisierungsinitiativen, die zuvor auf Widerstand stießen, zur Umsetzung verholfen.

Es hat sich jedoch noch etwas viel Wichtigeres gezeigt: Vor der Pandemie misstrauten viele Organisationen ihren eigenen technologischen Fähigkeiten und zweifelten am Können ihrer Belegschaft. Doch diese Ängste erwiesen sich in der Pandemie als weitgehend unbegründet – zum ersten Mal wurden viele bereits vorhandene, technologische Werkzeuge in vollem Umfang zum Einsatz gebracht.

Vertrauensgewinn in die Digitalisierung und zugrundeliegende Technologie, wie Cloud und AI, hat vielen Versicherern geholfen, während der Pandemie den Kundenkontakt aufrecht zu erhalten. Die Pandemie war somit ein Test, der klar und deutlich die Fitness des smarten Versicherers für die Zukunft herausgestellt hat.

Insgesamt hat COVID die Arbeitsweise vieler Unternehmen für immer verändert. Etwa 55% der Befragten bestätigten, dass die Pandemie zu „dauerhaften Veränderungen unserer Organisationsstrategie“ geführt hat. Mehr als 60% sagen, dass COVID-19 „unseren Ansatz für das Änderungsmanagement angepasst“ und „die Prozessautomatisierung beschleunigt“ hat, wobei 64% jetzt Cloud-basierte Geschäftsaktivitäten anstreben. Vertrauen in Technologie, die eigenen Fähigkeiten, und die damit verbundene Flexibilität, sind so in den Mittelpunkt gerückt – wir werden allerdings sicherlich regionale Unterschiede in der Dynamik dieser Anpassungen beobachten.

Der Mensch ist der Schlüssel zum Erfolg

Auch wenn Führungskräfte planen, im Zuge ihrer zukünftigen digitalen Transformation fast alle technischen Kompetenzen auszubauen, liegt das eigentliche Geheimnis des Erfolgs in den Menschen. Unsere Analyse zeigt, dass Mitarbeiter und Kunden für den größten Teil des erwarteten Wachstums einer Organisation verantwortlich sein werden.

Die neue Normalität nach COVID-19

Überraschenderweise hat sich gezeigt, dass viele Führungskräfte bei der digitalen Transformation den Kunden nicht in den Vordergrund stellen. Obwohl 75% der Führungskräfte eine Fortsetzung des veränderten Kundenverhaltens nach COVID-19 erwarten und somit mehr Online-Einkäufe und Kundenservice-Interaktionen antizipieren, steht „verbesserter Kundenservice“ in der digitalen Transformationsstrategie vieler Führungskräfte hinten an. Ähnlich sieht es mit KI-basierten Kundenbindungs-instrumenten aus, wobei in einigen Organisationen Chatbots bereits während der Pandemie mehr als 80% der Kundenbetreuung abgewickelt haben. Jetzt stellt sich die Frage, wie man das Kundenerlebnis verbessern möchte, wenn nicht durch die digitale Transformation?

Kurzfristige Entscheidungen während COVID vs. langfristige Unternehmensstrategie  

Eine Zeit wie COVID stellt Führungskräfte vor viele Aufgaben und Herausforderungen. Auch wenn während einer Pandemie höchste Priorität auf einen einwandfreien Kundenservice gelegt werden sollte, zeigt sich, dass seit Anfang 2020 Führungskräfte interne, operative Fähigkeiten einem einwandfreien Kundenservice voranstellen. Laut Umfrageergebnissen priorisieren Unternehmen Krisenmanagement, Sicherheit und Schutz am Arbeitsplatz – und dies viel stärker als noch vor zwei Jahren. Gleichzeitig geben jedoch über 85% der Führungskräfte in der Versicherungsbranche an, dass sie in der Zukunft Cashflow- und Liquiditätsmanagement, Kostenkontrolle und Cybersecurity priorisieren wollen.

Die bereits vor COVID-19 bestehenden Initiativen in Agilität, KI, Daten, Datenanalysen und verwandten Technologien haben während der Pandemie stark zugenommen. 87% der Führungskräfte planen, Unternehmensagilität in den nächsten zwei Jahren zu priorisieren, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Mehr als 65% der Befragten geben an, dass Investitionen in IoT (Internet of Things), Cloud und Mobilität an vorderster Stelle stehen werden; satte 96% der deutschen Versicherer planen, sich an plattformbasierten Geschäftsmodellen zu beteiligen.

Diese Investitionen dürften ausschlaggebend bei der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit der Versicherer werden. Wie die Vergangenheit gezeigt hat und McKinsey in einer aktuellen Veröffentlichung unterstreicht, schneiden Unternehmen, die während einer Krise weiterhin in Innovation investieren, nach der Krise wesentlich besser ab als ihre Konkurrenten. So übertrafen Unternehmen, die während der Finanzkrise 2009 ihren Fokus auf Innovation aufrechterhielten, den Marktdurchschnitt um mehr als 30% und erzielten auch in den folgenden drei bis fünf Jahren ein beschleunigtes Wachstum [3].

Wie sich herauskristallisiert, scheinen sehr viele Unternehmensinitiativen für Wachstumssteigerung priorisiert zu werden, jedoch wird die Verbesserung des Kundenservices dabei vernachlässigt – eventuell das einzige Differenzierungsmerkmal, das in einer Krise wie COVID Leistung und Wachstum gegenüber der Konkurrenz steigert. 

Zusammen ist man stärker

Die COVID-19-Pandemie hat nicht alle Organisationen und Branchen gleichermaßen betroffen. Während Firmen wie Apple und Amazon je 60% bzw. 78% im Umsatz gewachsen sind, ist bei anderen Unternehmen im Verbrauchersektor das Wachstum stark zurückgegangen.

Unsere Umfrage zeigt, dass Führungskräfte davon ausgehen, dass eine größere Unternehmensreichweite entscheidend zum Überleben eines Unternehmens in einer Pandemie wie COVID beiträgt – Plattform-Geschäftsmodelle und Partnernetzwerke stehen daher im Fokus. 70% der Führungskräfte planen bedeutende Partneraktivitäten innerhalb und 57% sogar außerhalb der eigenen Branche. Es wird erwartet, dass diese Beteiligungen in den nächsten zwei Jahren um mehr als 300% steigen werden.

Entscheidend ist jedoch, dass Größe allein nicht zu einer überdurchschnittlichen Leistung führt. Es hat sich gezeigt, dass flexibel handelnde Unternehmen bisher sicherer durch die Krise gekommen sind. Das Leitmotiv des Smarten Versicherers [4] hilft dabei, Partnernetzwerke und agile technische Infrastruktur (bekannt als offene, hybride Infrastruktur bzw. Multi-Cloud) als integralen Bestandteil ihrer Geschäftsmodelstrategie zu positionieren, um sie bestmöglich für die Zukunft vorzubereiten.

Gesundheit ist der Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Vor COVID konzentrierten sich Nachhaltigkeitsstrategien weitgehend auf Umweltfragen wie Risiken durch Umweltverschmutzung, Klimawandel und dergleichen. Die Verbraucher wählten zunehmend Produkte und Marken, die in diesen Bereichen authentisch wirkten, sowie Leidenschaft und Loyalität weckten. Auch die Regulierungsbehörden sprachen sich für diese Anliegen und Prioritäten aus. Doch angesichts COVID wurden ökologische Nachhaltigkeit mit Fragen persönlicher Sicherheit verknüpft. Verbraucher entschieden sich plötzlich für Einwegmasken und individuelle Verpackungen, was den Gesundheitsschutz zunächst über den Schutz des Planeten zu stellen schien.

Unsere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Leidenschaft der Verbraucher für Umweltfragen weiterhin besteht. Tatsächlich wurden Gesundheit und Sicherheit in einer neuen, erweiterten und komplexeren Definition von Nachhaltigkeit zusammengeführt. Unternehmen müssen sich bereits jetzt zusätzlich zu den bestehenden Nachhaltigkeitszielen neuen Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen stellen. Diese neuen Anforderungen erfordern neue Arten von Daten und neue Effizienz. Es werden anspruchsvollere Fragen gestellt und von den Führungskräften wird erwartet, dass sie nuanciertere und fundiertere Antworten geben können. Intelligente Workflows, sowie Automatisierung hilft ihnen diesen Herausforderungen sicher zu begegnen.

Outlook

Die Pandemie hat uns allen gezeigt, dass das Unerwartete und Unwahrscheinliche manchmal schneller eintreten kann, als man vorher angenommen hatte. Ob Chance oder Härtetest – Covid hat die Unternehmenswelt in vielerlei Hinsicht getestet und dabei oftmals schmerzhaft deutlich aufgezeigt, welche Unternehmen technologisch bereits einer Herausforderung wie COVID gewachsen waren und welche nicht. Jedoch haben alle Unternehmen gemeinsam, dass drastische Änderungen stattgefunden haben. Führungskräfte müssen nun akzeptieren, dass diese durch die COVID-Pandemie verursachten Veränderungen in Strategie, Management, Betrieb und Budget bleiben werden und Investitionen in digitale Technologien, Transformation und die Einführung der Cloud nicht nur fortgesetzt, sondern beschleunigt werden.

Dieses COVID-bedingte Momentum stellt eine unerwartete Chance für Führungskräfte dar. Vielleicht genau der richtige Moment einen entscheidenden Schritt gegenüber dem Wettbewerb gut zu machen, indem auch Sie jetzt die digitale Transformation mit Ihren Unternehmenszielen verbinden, um Komplexität zu bewältigen und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern – während andere noch darauf warten, dass die Dinge „wieder zur Normalität zurückkehren“?

Good to know:

Wollen Sie wissen, welche Implikationen die fünf beschriebenen Aspekte für die Versicherungsbranche haben werden? Dann halten Sie die Augen offen: die Versicherungsversion erhalten sie unter folgendem Link: https://www.ibm.com/thought-leadership/institute-business-value/report/covid-19-future-business.

Ausblick die nächste Ausgabe (1Q2021): Intelligent Workflows

Im nächsten Blog Beitrag werden wir das Thema „Intelligent Workflows“ als Grundlage für das Cognitive Enterprise näher betrachten. Es geht hier um die praktische Umsetzung des Begriffs im Rahmen von Email Automation.

Wir werden zeigen, wie die Verzahnung von KI Technologie und bewährten und eher „klassischen“ Werkzeugen der Regel-Engines und Prozess Steuerungs-Tools den Weg in optimierte Kundeninteraktion und höhere Automatisierungsquoten ermöglichen.

Einige weiterführende Video-Quellen zu den Grundlagen


Autoren: Franziska Haller, Ralph Papendiek

Fussnoten:

Ralph Papendiek

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